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Deutsche Brotkultur - Der Mensch und das Brot

Bedeutung des Brotes in Religion und Kunst

Das Brot, als Hauptnahrungsmittel der Menschen der Zeitenwende gleichbedeutend mit Leben schlechthin, war ein ebenso einfaches wie treffendes Symbol für die Erlösungsbotschaft des Jesus von Nazareth. So wie das Brot für gewöhnlich im Kreis der Familie oder sonstiger Brotgenossen gebrochen wurde, um als Nahrungsmittel die Menschen am leben zu erhalten, so verstand sich Christus, der Sohn Gottes, als Träger jener umfassenden Liebe, die den Einzelnen eines Lebens in der Gemeinschaft der Gläubigen teilhaftig werden und in ihr aufgehoben sein lässt. Beim letzten Abendmahl deutete er seinen eigenen Tod als Ausdruck jener voraussetzungslos hingebenden Liebe, und im gläubigen Verzehr des Abendmahlsbrotes teilt sich dieses Selbstopfer des Gottessohns einem jeden Kommunikanten mit, und zwar physisch wie spirituell. Die angewandte Seite derselben Liebe, die Tugend der tätigen Nächstenliebe, wurde in vorbildlicher Weise gelebt von den Heiligen.

So sind Abendmahl und Caritas bis ins 20. Jahrhundert hinein die beiden Hauptgründe, warum Brot in der abendländischen Kunst überhaupt eine Rolle spielt. Und auch jede spätere Darstellung von Brot – selbst noch in bewusster Entgegensetzung zu christlichen Traditionen – ist hier nicht denkbar ohne den christlichen Subtext. Die Darstellungen reichen vom Abendmahl selbst bis zu den letzten „brotrelevanten“ Stellen des Alten und Neuen Testaments, die ihrerseits von den frühchristlichen und mittelalterlichen Theologen auf diese zentrale Szene bezogen worden waren. Ein Hinweis auf die große Volkstümlichkeit des Brot-Themas ist dabei der Umstand, dass es in allen zur Verfügung stehenden künstlerischen Techniken und Qualitätsgraden bearbeitet wurde, vom Wandfresko im Papstpalast (Raffaels „Disputa“) bis hinab zu den massenhaft gedruckten Andachtsbildchen der Gegenreformation. In der Stilllebenmalerei nehmen seit dem 16. Jahrhundert Brot und Wein als die äußerlichen Gestalten des Altarsakraments die prominenteste Stellung ein. Insbesondere diese Tradition reicht weitgehend ungebrochen bis in die Gegenwart mit Bildern (Dieter Krieg „o. T. (Butterbrot)“), Objekten (Man Ray: „Blue Bread“) Multiples (Joseph Beuys, „Wirtschaftswerte“), Installationen (Jan Vostell, „Berliner Brot“). Unübersehbar ist auch die Menge der Darstellungen brotspendendender Heiliger (Elisabeth, Barbara, Nikolaus, Johannes v. Padua u.v.a.). Ein besonderes Feld der Caritas-Darstellung ist die Selbstrepräsentation privater wohltätiger Stiftungen und Bruderschaften in den Städten. Über zwei Jahrhunderte erstreckt sich hier eine europaweit verbreitete Bildtradition zum Thema der „Sieben Werke der Barmherzigkeit“, in der regelmäßig die Brotspende (neben der Kleiderspende) an prominentester Stelle erscheint.

Doch gerade aufgrund dieser fundamentalen Bedeutung des Brotes im Christentum spielt das Brot in der älteren Kunst weniger eine nationaltypische Rolle. Das ändert sich mit dem verspäteten Entstehen eines deutschen Nationalbewusstseins nach 1816 und eines Nationalstaates nach 1871. Im 19. Jahrhundert erwachte das Interesse an landestypischen Bräuchen und in diesem Rahmen wurden gerne auch Tischszenen mit Brot – als Ausdruck volksverbundener Bodenständigkeit – dargestellt. Exemplarisch kann man das in vielen Werken von Malern wie Karl Kreul, Franz von Lenbach, Eduard von Grützner oder Adolf Eberle beobachten. (Ein direkter Vorläufer dieser Art von Genrebildern hatte sich bereits im 17. Jh. in den bürgerlichen, merkantil hochentwickelten Niederlanden herausgebildet.) Im „Dritten Reich“ wurde allerdings genau diese Traditionslinie der deutschen Malerei bereitwillig aufgegriffen und im Sinne der nazistischen „Blut- und Boden“-Ideologie verflacht und in propagandistischer Absicht perpetuiert.

Infolgedessen waren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Darstellungen dieser Art, mithin auch Brotdarstellungen, zunächst völlig Tabu. Noch in den Siebziger Jahren konnte es als gezielter Affront aufgefasst werden, wenn Markus Lüpertz in breiter, neo-expressiver Malweise eine gutdeutsche Gugelhupfform bildfüllend und auf irritierende Weise von ferne an einen gigantischen Stahlhelm erinnernd, auf einem Weizenfeld präsentiert. Im Osten Deutschlands versuchten einzelne Künstler wie etwa Volker Stelzmann oder Harald Metzkes im Rahmen eines politisch verordneten „sozialistischen“ Realismus einen persönlich motivierten Blick auf das unter den gegebenen Umständen etwas wohlfeile Motiv zu werfen, indem sie sich auf die introvertierte (und daher wenig geliebte) Andachtsform des (Brot-)Stilllebens besannen.

Gesteigerte Aufmerksamkeit wurde dem Brot auch in der Kunst immer in Zeiten des Mangels zuteil, so vor allem in den Krisenjahren der Weimarer Republik nach dem Ersten Weltkrieg. Ein beträchtlicher Teil der kritischen Kunst dieser Jahre beklagt nicht nur den Hunger, sondert erhebt auch direkte Anklage gegen die eigennützigen Interessen und verblendeten Überzeugungen, die diesen Mangel verursacht haben. Die stärksten und eindringlichsten Arbeiten zum Thema Brot stammen von Künstlern und Künstlerinnen wie Otto Dix, Georg Grosz, Karl Hubbuch, Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Max Beckmann.

Gerade vor diesem letzten Hintergrund erscheint der Umgang der gegenwärtigen Kunst mit dem Brot in einem besonderen Licht. Fast scheint es so, als ließe sie das Brot überhaupt als Thema fallen. Wenn dieser Eindruck auch aus verschiedenen Gründen verfehlt wäre, so ist doch zu beobachten, dass sich zwar sehr viele Künstler mit dem Themenfeld Essen und Nahrung auseinandersetzen, aber dennoch dem Brot im Besonderen praktisch keine nennenswerte Arbeit gewidmet ist. Das liegt vor allem daran, dass „die Kunst“ sich seit den Siebziger Jahren noch einmal sehr verändert hat. Der Zugang zu Themen ist sehr viel systembewusster, ironischer, desillusionierter geworden, so dass sich der „naive“, rein illustrative Zugriff auf einzelne Motive heute nahezu von selbst verbietet. Der elementare Lebensvorgang „Essen“ ist so also unausweichlich eines der wichtigsten Themen gegenwärtiger Kunst, doch als virulentes Hauptproblem stellt sich eher die Frage nach dem Verhältnis von industrialisierter und digitalisierter Umwelt zum eigenen Körper als letztem Unterpfand einer authentischen Realität. An die Stelle der ganz direkten Erfahrung existentiellen (Brot-)Mangels ist unter den Bedingungen eines industriell ermöglichten allgemeinen Nahrungsüberflusses die (paradoxer Weise) nicht weniger bedrohliche Erfahrung eines Mangels zweiter Ordnung getreten: eines „Mangels des Mangels“. Der überinformierte und überfütterte Einzelne verliert gerade dadurch den Kontakt zu einem „echten“ Erleben. (Und gerade daher steht das Prädikat „Erlebnis-“ heute so hoch im Kurs.) Wenn Künstler heute auf Brot zurückgreifen, geht es eher darum, die Erfahrung „echten“, „wahren“, „erfüllten“ Essens nachzuspielen. Daher die zahllosen Ess-Events oder jene Hantierungen mit Broten, die ihrer alltäglichen Verwendung bewusst entfremdet werden.

Deutsche Brotkultur - Deutsches Brot und Kleingebäck - ein schützenwertes Kulturerbe

Es bleibt festzuhalten: Deutschland ist das Land des Brotes, der Brotvielfalt und des Brotgenusses. Roggenbrote, Mischbrote, Bauernbrote, Pumpernickel, Kleingebäcke wie Brezeln, Sternsemmeln, Schrippen und viele andere mehr sind unbestrittene Kulturbotschafter für Deutschland. Deutsche im Ausland sehnen sich nach deutschem Brot und die ausländischen Gäste in Deutschland lassen sich gerne von deutschem Brot verführen.   Das gebackene Brot ist vermutlich so alt wie die Kulturtechnik der gebrannten Tonware, die im Jungpaläolithikum entstand. In Deutschland wurde das Brot nicht erfunden, aber in den deutschsprachigen Ländern hat sich eine weltweit einzigartige Brotkultur entwickelt. Die Bäcker haben über Jahrhunderte das Wissen der Brotherstellung gepflegt und verfeinert. Die Zünfte und Innungen haben dieses Handwerk zur Blüte gebracht.

Dieses Erbe gilt es zu bewahren! Viele mit den verschiedenen Brotarten verbundene Bräuche drohen zu verschwinden. Die einmal entstandene Fülle von Formen und Sorten wird nur dann sinnvoll erlebt werden können, wenn auch die Erinnerung an die Traditionen wach bleibt, die sie hervorgebracht haben.